25. September 2022
20 Jahre mit einem Spender-Organ: „Ich bin so dankbar für meine Niere“
Bericht Tips Freistadt, 20.09.2022
(Redaktion Mag. Susanne Überegger)
Der 6. September ist für Andrea Leitner aus Helbetschlag ein ganz besonderes Datum: „An dem Tag bekam ich vor 20 Jahren eine Niere transplantiert – seitdem feiere ich einen zweiten Geburtstag.“
Schon seit zwei Jahrzehnten lebt die 48-jährige Grünbacherin mit einer Spenderniere, und das sehr gut. „Ich bin sehr dankbar, dass es Organspenden gibt, denn sonst wäre ich vermutlich nicht mehr am Leben“, sagt Andrea Leitner.
Ihre Leidensgeschichte begann im Alter von etwa 17 Jahren, als sie regelmäßig an Harnwegsinfekten und starken Schmerzen im Nierenbereich laborierte. Eine Reflux-Erkrankung, wodurch jahrelang Harn aus der Harnblase in die Niere zurückfloss, schädigte bedauerlicherweise langsam und irreparabel ihre Nieren.
Verschlechterung in der Schwangerschaft
Richtig schlecht ging es ihr dann in der Schwangerschaft zu ihrem Sohn. „Da war ich 21 und erst jetzt stellte sich heraus, dass meine Nieren schlecht arbeiteten. „Ich hatte einen viel zu hohen Blutdruck, Eiweiß im Harn und überall Wassereinlagerungen. Meine Nieren konnten meinen Körper und jenen meines Babys nicht mehr ausreichend entgiften, also wurde mein Sohn in der 32. Schwangerschaftswoche per Kaiserschnitt geholt“, erinnert sich Andrea Leitner zurück. Erst nach drei Wochen konnte sie ihr winziges Kind endlich sehen und im Arm halten, da sie selbst so lange im Krankenhaus lag.
Zur Dialyse mit 25
„Meine Nieren haben sich nach der Schwangerschaft wieder etwas erholt und ich konnte dank einer speziellen nierenschonenenden Diät eine Dialyse für weitere dreieinhalb Jahre abwenden. Als ich Mitte zwanzig war, waren meine Nieren dann aber so geschädigt, dass eine Dialyse unumgänglich wurde“, erzählt Andrea Leitner.
Und so fuhr die damals junge Mutter jeden zweiten Tag zur lebensrettenden Blutwäsche ins Krankenhaus der Elisabethinen in Linz, die jeweils von 6 bis 11 Uhr dauerte. „So war ich mittags wieder daheim bei meinem kleinen Sohn, der am Vormittag im Kindergarten betreut wurde.“ Die Dialyse empfand sie als körperlich sehr anstrengend, aber trotzdem war diese lebensrettend.
„Ich sage immer, die Dialyse war damals mein Job.“ Auch die strenge Diät, aber vor allem das tägliche Limit von einem halben Liter an Flüssigkeitszufuhr – mehr sollten Dialyse-Patienten nicht zu sich nehmen – machten Andrea Leitner zu schaffen. „Trotz aller Anstrengungen bin ich aber sehr dankbar für die Blutwäsche, denn so konnte ich die Zeit bis zur Transplantation überbrücken.“
Der lebensverändernde Anruf
Ab Dialyse-Beginn stand Andrea Leitner bei Eurotransplant – diese gemeinnützige Organisation ermittelt und koordiniert den internationalen Austausch aller Spenderorgane in einem Verbund aus acht europäischen Ländern – auf der Transplantationsliste. Durchschnittlich beträgt die Wartezeit auf eine Spenderniere in Österreich drei Jahre. Den Tag, an dem der Anruf kam, dass es eine Spenderniere für sie gäbe, wird Andrea Leitner niemals vergessen: „Es war um zehn Uhr abends, ich bin gerade von einem Treffen mit meinen Freundinnen heimgekommen, als das Telefon läutete. Als ich die Stimme meines Arztes hörte, wusste ich sofort, worum es geht.“
An Schlaf war in dieser Nacht vor lauter Gefühlschaos nicht mehr zu denken, und schon am darauffolgenden Tag – es war der 6. September 2002 – bekam die damals 28-Jährige im Krankenhaus der Elisabethinen das Organ eines kurz zuvor Verstorbenen transplantiert.
Wer genau der Spender war, weiß Andrea Leitner nicht. „Für mich ist mein Organspender sehr wichtig, ich denke oft an die Person und zünde ab und zu ein Kerzerl für sie an. Immerhin hat mir dieser Mensch ein sehr gutes Organ gespendet, mit dem ich jetzt schon seit 20 Jahren lebe – welch ein wunderbares, sensationelles, tolles Geschenk.“
Nicht mehr von einer Maschine abhängig
Nach der Transplantation merkte Andrea Leitner rasch, dass die neue Niere gut arbeitete, Harn produzierte und ihren Körper entgiftete. „Auf einmal kam meine Energie zurück, das war ein unbeschreibliches Gefühl. Endlich konnte ich wieder normal essen und trinken, insgesamt ein normales Leben ohne große Einschränkungen führen. Ich war nicht mehr von einer Maschine abhängig“, beschreibt Andrea Leitner ihre wiedergewonnene Lebensqualität.
Regelmäßiges „Pickerl“
Täglich um 9 und um 21 Uhr nimmt sie seither gewissenhaft ihre Immunsuppressiva ein. Diese verhindern, dass der Körper die transplantierte Niere abstößt. Auch von einer Krebserkrankung, die 2013 diagnostiziert wurde, ließ sich die Abteilungsleiterin nicht unterkriegen und ist heute wieder gesund.
„Alle acht bis zehn Wochen hole ich mir in der Nierenambulanz sozusagen mein ,Pickerl’ und freue mich jedes Mal, wenn ich den Befund lese und sehe, wie schön meine Werte sind.“
Der Ehemann als große Stütze
Zum 20-Jahr-Jubiläum als Nierentransplantierte ließ es sich Andrea Leitner nicht nehmen, sich mit mehreren Torten im Krankenhaus der Elisabethinen einzustellen und sich nochmals herzlich bei den Ärzten und dem Pflegepersonal zu bedanken. „Aber am meisten danke ich meinem Mann Christian. Er ist in den 31 gemeinsamen Jahren immer für mich da gewesen, hat mich stets unterstützt und zu mir gehalten.“
Obfrau-Stellvertreterin des Vereins „Niere OÖ“
Als Obfrau-Stellvertreterin des Vereins „Niere OÖ“ organisiert Andrea Leitner übrigens mehrmals im Jahr Nieren-Stammtische.