13. Juli 2020
Nationalrat: Ärzteliste wird in Teilen künftig öffentlich geführt
Änderung im Ärztegesetz soll zu mehr Transparenz für PatientInnen und besserer Planbarkeit im Gesundheitsbereich führen
(Wien/PK) – Wien (PK)_- Ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs aus dem Vorjahr war primäres Motiv für einen von ÖVP und Grünen eingebrachten Entwurf auf Änderung des Ärztegesetzes, der in der heutigen Sitzung des Nationalrats mehrheitlich angenommen wurde.
Ebenfalls mehrheitlich beschlossen wurde, wie schon 2017 und 2019 nun auch für 2021 eine Preisbandregelung für wirkstoffgleiche Arzneispezialitäten. Anträge der NEOS zur Alkoholsteuer, und zwei FPÖ-Forderungen betreffend dem niedergelassenen Bereich sowie der Facharztausbildung Kieferorthopädie fanden keine Mehrheit.
Änderungen des Ärztegesetzes beschlossen
Der VfGH erachtete im Ärztegesetz vor allem als unzulässig, die Ärztekammern in den Bundesländern mit der Führung der Ärzteliste zu betrauen, da sie Körperschaften öffentlichen Rechts im Rahmen der Landesvollziehung, jedoch keine dem Landeshauptmann unterstellten Landesbehörden sind. Neben der Reparatur dieser Bestimmung sieht die Novelle zudem auch vor, dass die Österreichische Ärztekammer aus Gründen des Patientenschutzes, der Qualitätssicherung und der Transparenz eine Website einzurichten hat. Darin wird ein Teil der für die Führung der Ärzteliste erforderlichen Daten öffentlich gemacht. Die Ärzteliste-Verordnung soll künftig wieder der Gesundheitsminister selbst erlassen, um eine bestmögliche Steuerung durch die oberste Verwaltungsbehörde sicherzustellen. Um die Reparaturfrist des VfGH einzuhalten, sollen die Gesetzesänderungen mit 1. September 2020 in Kraft treten.
Dazu brachten die Regierungsfraktionen auch einen mehrheitlich angenommenen Entschließungsantrag ein, in dem Gesundheitsminister Anschober ersucht wird, bis längstens 30. Juni 2021 eine datenschutzkonforme Regelung vorzulegen, die sich auf den Zugang von entsprechend zu definierenden Daten aus der Ärzteliste und der Ausbildungsstellenverwaltung der Österreichischen Ärztekammer bezieht.
Als Transparenzpaket bezeichnete der Gesundheitssprecher der Grünen, Ralph Schallmeiner, die eingebrachte Gesetzesänderung. Denn die Ärzteliste wird auf einer Homepage öffentlich gemacht, zudem soll auch transparent gemacht werden, wenn ÄrztInnen von der Liste entfernt werden. Die Befristung begründete er mit einer Reihe an offenen Fragen, die es bis dahin mit den Stakeholdern zu klären gelte. Werner Saxinger (ÖVP) erklärte in der Debatte den Wunsch der Länder nach Daten aus der Ärzteliste zum Zweck der Planungssicherheit als legitim. Gleichzeitig äußerte er aber Verständnis für die Sorge der Ärztekammer, die Kompetenz für Ausbildungsstellen und die Ausbildungsqualifikation den Ländern zu übertragen.
Weitere Zustimmung erhielt das Vorhaben seitens der SozialdemokratInnen und der Freiheitlichen. SPÖ-Gesundheitssprecher Philip Kucher erklärte, er sei dankbar, dass es nun Zeit gebe, das Thema zu diskutieren. Er betonte in der Debatte, dass alle Menschen in Österreich die bestmögliche Gesundheitsversorgung verdienen würden und das starke öffentliche Gesundheitssystem in Österreich ein Schutzschirm für alle sei. Er erklärte in diesem Zusammenhang, dass in der Österreichischen Gesundheitskasse durch die COVID-19-Krise wahrscheinlich 100 Mio. € fehlen würden und das Geld dafür jetzt notwendig werde.
Gerhard Kaniak (FPÖ) bezeichnete die Datenbasis der Ärzteliste als notwendigen und überfälligen Reformschritt für die künftige Planung und Steuerung des Gesundheitswesens. Der Gesundheitssprecher der FPÖ brachte zwei Entschließungsanträge in der Debatte ein. Darin wurde vom Gesundheitsminister ein Entwurf für eine staatlich geregelte und offiziell registrierte Ausbildung zur Fachärztin bzw. zum Facharzt für Kieferorthopädie gefordert. Weiters wurde ein Maßnahmenpaket zur Stärkung des Niedergelassenen Bereichs verlangt. Diese fanden im Plenum allerdings keine Mehrheit.
Preisbandregelung für wirkstoffgleiche Arzneispezialitäten
Wie in den Jahren 2017 und 2019 soll auch im Jahr 2021 ein Preisband für wirkstoffgleiche Arzneispezialitäten festgelegt werden, um nach wie vor bestehende Preisunterschiede zu verringern, lautet die Begründung eines Antrags der Regierungsfraktionen auf Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, der mehrheitliche Zustimmung fand. Außerdem wurde mitbeschlossen, dass die noch offenen Beiträge vom Insolvenz-Entgelt-Fonds (IEF) wie bisher im Rahmen der Jahresabrechnung an die Krankenversicherungsträger bezahlt werden können. Kritik an der Verlängerung des Preisbandes äußerten in der Debatte MandatarInnen der SPÖ und FPÖ.
Seitens der Grünen erklärte der Gesundheitssprecher Ralph Schallmeiner, dass es das Ziel sei, vernünftige Einkaufs- und Preismodelle für Versicherte zu schaffen, aber auch die Pharmaindustrie als Arbeitgeber im Bereich der Produktion wieder nach Europa zu bekommen. Mit der Verlängerung des Preisbandes soll eine vernünftige Diskussion ermöglicht werden, was aber nicht heiße, diese Regelung in alle Ewigkeit zu verlängern, so Schallmeiner. Gabriela Schwarz (ÖVP) ergänzte, dass es eine gesamteuropäische Strategie benötige, um die Produktion und Forschung der Pharmaindustrie in Europa und Österreich anzusiedeln. Es bedürfe der Planungssicherheit für jene, die in diesem Feld tätig sind, erklärte die Gesundheitssprecherin.
Rudolf Silvan (SPÖ) legte die Ablehnung der SPÖ dar. Entgegen vergangener Regelungen sei es nun nicht mehr möglich, Medikamente, die zu teuer sind, zu streichen. Dies bedeute eine Mehrbelastung von 70 bis 80 Mio. € für die ÖGK bis zum Jahr 2022, so Silvan. Die FPÖ würde den Insolvenzentgeltfonds zwar mittragen, lehne die Fortschreibung des Preisbandes aber ab, erklärte Gerhard Kaniak (FPÖ). Er forderte, das Erstattungspreismodell zu überdenken, um Hersteller in Europa und Österreich anzusiedeln, da der Kostendruck in der Produktion sukzessive gestiegen sei und die Produktionsverlagerung ausgelöst habe.