ANÖ Beitrag

7. Mai 2019

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Krisengipfel zur Rettung der Spitäler notwendig

Ausbildung am „Abstellgleis“ – Ärztekammer fordert mehrPersonal und bessere Arbeitsbedingungen

Wien (OTS) – Laut Umfrage befindet mehr als ein Drittel der befragten Ärztinnen und Ärzte (39 Prozent) in Ausbildung. Auf die Frage, ob sie innerhalb der vorgesehenen Arbeitszeit neben den herkömmlichen Routinetätigkeiten Zeit für ihre Ausbildung haben, antworteten etwa 70 Prozent, dass ihnen meist die Möglichkeit für die Ausbildung während ihrer regulären Arbeitszeit fehle. Umgekehrt haben zwei Drittel (66 Prozent) der ausbildenden Ärztinnen und Ärzte auch keine Zeit für die Ausbildung der Jungmediziner. ****

Mehr als die Hälfte der Ärztinnen und Ärzte in Ausbildung (51 Prozent) hat keine Zeit für Ausbildung aufgrund von Bürokratie, mehr als zwei Drittel (69 Prozent) müssen mehrmals pro Woche Tätigkeiten entgegen ihrem Ausbildungsstatus durchführen. Im KAV ist die Situation besonders prekär: Nur knapp die Hälfte (45 Prozent) weiß von einem konkreten Ausbildungskonzept am Arbeitsplatz, 47 Prozent werfen ihrem Arbeitgeber sogar vor, kein Commitment für ihre Ausbildung zu haben.

„Die Ausbildung der Kollegenschaft wird vom Dienstgeber immer mehr aufs Abstellgleis gestellt“, kommentiert Weismüller das schlechte Resultat. Ein weiterer Beweis dafür sei, dass eher die Bürokratie, und nicht die Tätigkeit in der Patientenversorgung, das Hindernis für ausreichend Ausbildungszeit sei. „Zu einem gewissen Grad ist es verständlich, dass man keine Zeit für sich selbst und die Ausbildung hat, wenn man anderen helfen muss. Aber für Bürokratie als Grund für mangelhafte Ausbildung darf es absolut kein Verständnis geben“, so Weismüller.

KAV-Umbenennung ist falsche Priorität

Hinsichtlich der Umbenennung des KAV wurden die dort tätigen Ärztinnen und Ärzte befragt, ob sie mit der Umbenennung in „Wiener Gesundheitsverbund“ zufrieden seien. Dabei zeigten sich 85 Prozent unzufrieden mit dem neuen Namen, mehr als die Hälfte (56 Prozent) lehnt die neue Bezeichnung komplett ab.

Weismüller ortet damit abermals gravierende Fehler in der Prioritätensetzung der Stadt Wien und des KAV: „Bei so vielen anderen Baustellen im Gesundheitswesen ist die Umbenennung des KAV keineswegs eine dringende Angelegenheit, die aber gleichzeitig viel Geld und Ressourcen aufbraucht.“ Er fordert die Verantwortlichen in Politik und KAV auf, „die echten Probleme raschest anzugehen und zu lösen“. Die Ärztekammer werde selbstverständlich „dem KAV mit Rat und Tat zur Seite stehen“, sollte dies geschehen.

Krisengipfel mit allen Verantwortlichen gefordert

Für die Ärztekammer ist die Situation mittlerweile „untragbar“. Weismüller fordert daher ehestmöglich einen „Krisengipfel zur Rettung der Wiener Spitäler“: „Wir haben jahrelang davor gewarnt, dass sich die Situation verschärfen wird. Jetzt ist es bereits so akut, dass wir als Ärzteschaft einschreiten müssen. Wir brauchen daher jetzt einen Krisengipfel mit allen Verantwortlichen aus der Politik und den Krankenhausträgern, in dem gemeinsam mit der Ärzteschaft das Ruder herumgerissen wird.“

Aus den Ergebnissen der Umfrage resultierend hat die Wiener Ärztekammer daher ihr Forderungspaket an die Politik und Spitalsträger, insbesondere an den KAV, erneuert und fordert:

• Wir haben eklatante Lücken in der Personalausstattung im KAV aufgrund verlorener Arztstunden durch die KA-AZG-Reform, fehlender attraktiver Arbeitsbedingungen und der bevorstehenden Pensionierungswelle. Die Ärztekammer fordert daher als Akutmaßnahme eine rasche Aufstockung des ärztlichen Personals – Wiens Gemeindespitäler brauchen, als ersten Schritt, mindestens 300 Spitalsärzte mehr!

• Unsere Gemeindespitäler fallen in der Attraktivität immer weiter zurück – Wir fordern jetzt konkurrenzfähige Grundgehälter im Vergleich zum niedergelassenen Bereich!

• Die Infrastruktur in den Spitälern zeigt große Schwächen auf und wird immer älter – Wir brauchen jetzt eine Infrastrukturmilliarde für die Wiener Gemeindespitäler!

• Ausbildung und Fortbildung müssen in den Spitälern wieder ernst genommen werden – Wir fordern jetzt einen Fortbildungstausender für jeden Spitalsarzt!

• Die Zentralen Notaufnahmen im KAV sind noch immer nicht implementiert. Die Ärztekammer fordert ehestmöglich die Umsetzung der Zentralen Notaufnahmen, um eine rasche und qualitätsgerechte Erstversorgung der Patienten zu gewährleisten – Die Patienten brauchen die Zentralen Notaufnahmen!

„Unsere Kolleginnen und Kollegen haben uns in der Umfrage abermals einen deutlichen Auftrag gegeben“, resümiert Weismüller: „Die Ärztekammer nimmt dieses Ergebnis sehr ernst und sieht sich abermals gezwungen, unmissverständliche Forderungen an die Politik und die Spitalsträger zu stellen. Wir hoffen, dass es gelingen wird, im Rahmen eines baldigen Krisengipfels die Situation gemeinsam zu meistern.“