4. November 2018
Neuer Virus als Treiber bei Nierenerkrankungen entdeckt
Mit einem neuen Modell zur Studie von Nierenerkrankungen können Medikamente entwickelt werden
(ANÖ/APA). „An unserem Institut ist in den vergangenen Jahren bei Labormäusen eine spontane Nierenerkrankung aufgetreten, an der immundefiziente Tiere, also Tiere mit einer Störung des köpereigenen Immunsystems, frühzeitig und überraschend verstarben. Als Ursache konnten wir eine Erkrankung der Nierenkanälchen identifizieren“, erklärt Wolfgang Weninger von der Universitätsklinik für Dermatologie der Med-Uni Wien.
So haben die Forscher ein bisher unbekanntes Virus entdeckt, das als „Treiber“ für bestimmte Nierenerkrankungen (interstitielle Nephropathie) wirkt. Dieses hierfür „atypische“ Virus gehört zur Familie der Parvoviren. Die Wissenschafter haben es „MKPV“-Virus (für Mouse Kidney Parvovirus) genannt. Die Ergebnisse der Studie wurden nun im Journal „Cell“ veröffentlicht.
Die so genannte interstitielle Tubulopathie wird durch MKPV ausgelöst. „Die MKPV-Infektion ähnelt stark einer viralen Tubulopathie, die auch bei Patienten nach einer Nierentransplantation auftritt“, erklärt der Immunologie-Experte.
Neues Modell
Die Forscher haben daher ein neues Modell zur Studie von viralen Nierenerkrankungen, Nierenfibrose und chronischem Nierenversagen entwickelt. Im Gegensatz zu bislang verwendeten Modellen, die vorwiegend auf chirurgischen Eingriffen oder auf der Gabe toxischer Substanzen beruhen, ist die MKPV-Infektion ein natürliches Modell, das dem chronischen Verlauf des menschlichen Nierenversagens sehr ähnlich ist. Mit diesem Modell können jetzt neue Medikamente gegen Nierenfibrose und chronisches Nierenversagen getestet werden. Weiters lassen sich dadurch neue Biomarker bei diesen Krankheiten finden und für die klinische Anwendung entwickeln.
Weninger: „Weiterführend arbeiten wir nun an der Frage, ob ähnliche Viren auch beim Menschen zu Niereninfektionen und Nierenversagen führen, speziell bei nach einer Transplantation immunsupprimierten Patienten.“ Außerdem könnte das MKPV-Virus für gentherapeutische Zwecke genützt werden, etwa, um Gene in Nierenkanälchen zu reparieren. Dies beruht auf der Tatsache, dass MKPV ganz bestimmte Zellen in der Niere (Nierenkanälchen), aber keine anderen Zellen im Körper infiziert. Daher könnte man eine nicht infektiöse Variante des Virus nutzen, um Gene in Nierenzellen einzuschleusen oder auszutauschen.
Factbox:
Nephropathie ist ein medizinischer Überbegriff für verschiedene, entzündliche und nicht-entzündliche Erkrankungen der Nieren. Die häufigste Form ist die diabetische Nephropathie. Dabei handelt es sich um eine Schädigung der Nieren, die als Folge eines langjährigen Diabetes entstehen kann. Ist der Blutzucker über viele Jahre hinweg schlecht eingestellt, schädigt das die kleinen Blutgefäße der Nieren. Eine Nephropathie kann aber auch im Zusammenhang mit anderen Krankheiten wie einem Bluthochdruck auftreten, oder durch bestimmte Medikamente oder Infektionen ausgelöst werden |