ANÖ Beitrag

11. November 2018

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Sozialversicherung – Kärnten verlangt vom Bund Verhandlungen

LH Kaiser löst bei Sozialversicherungsgesetz Konsultationsmechanismus aus – massive Nachteile für Kärnten und für Gesundheitsversorgung der Bevölkerung zu befürchten

„Durch die beabsichtigte Neuorganisation der Sozialversicherung in Österreich würden nicht nur dem Land Kärnten millionenschwere Verluste entstehen“, beklagt Kärntens LH Peter Kaiser (SPÖ) in einer Aussendung und löst den Konsultationsmechanismus aus ©Büro LH Kaiser

Klagenfurt (ANÖ/OTS/LPD) – Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser will sein Bundesland und die Kärntner Bevölkerung vor zu befürchtenden Nachteilen in Folge des von der Bundesregierung beabsichtigten neuen Sozialversicherungs-Organisationsgesetzes schützen. Wie Kaiser heute, Dienstag, mitteilt, habe er „aus Verantwortung gegenüber Land und Leuten“ nicht zuletzt auch auf Anraten von Experten entschieden, den sogenannten Konsultationsmechanismus auszulösen. Konkret bedeutet dass, dass der Bund mit dem Land Kärnten in jedem Fall weitere Verhandlungen vor einer geplanten Neustrukturierung der Sozialversicherungs-Organisation aufzunehmen hat.

„Durch die beabsichtigte Neuorganisation der Sozialversicherung in Österreich würden nicht nur dem Land Kärnten millionenschwere Verluste entstehen. Es steht vor allem zu befürchten, dass diese als Reform getarnte Umverteilung von Arbeitnehmern hin zu Arbeitgebern letzten Endes mit schmerzhaften Verschlechterungen in der Gesundheitsversorgung für kleinere und mittlere Einkommen einhergeht und einer Privatisierung der Gesundheitsversorgung Tür und Tor geöffnet wird“, macht Kaiser deutlich. Auch Gesundheitsreferentin LHStv.in Beate Prettner warnt: „Durch den Leistungsausgleich standen den Kärntner Versicherten jährlich 218 Millionen Euro zur Verfügung – es steht in den Sternen, wie viel von diesem Ausgleich Kärnten ab 2019 noch zugesprochen wird. Jedenfalls ist zu befürchten, dass zahlreiche Kooperationsprojekte mit dem Land Kärnten, die im Sinne der Patienten initiiert wurden, eingestellt werden müssen.“

Beide, Kaiser und Prettner, bemängeln einmal mehr die Kommunikation des Bundes: „Wie schon bei der neuen 15a Vereinbarung im Bereich der Kinderbetreuung wurde auch bei der geplanten Neuorganisation der Sozialversicherung nicht mit Kärnten gesprochen. Es ist absolut unverständlich, warum der Bund Kärnten und seine Bevölkerung neuerlich derartig vor den Kopf stößt.“

Laut Kaiser gäbe es eine Vielzahl von Gründen für die Auslösung des Konsultationsmechanismus, denn anders als im vom Bund vorgelegten Gesetzesentwurf dargestellt, seien sehr wohl massive finanzielle Auswirkungen auf das Bundesland Kärnten zu befürchten:

– So würde die normierte Fusion der Länderkassen zu einer Österreichischen Gesundheitskasse neben dem Verlust eines Verhandlungs- und Kooperationspartners auf regionaler Ebene auch einen drohenden und nicht abschätzbaren Mittelabfluss aus dem Kärntner Gesundheitssystem bedeuten. Auch der regionale Zielsteuerungsprozess würde negativ beeinflusst werden.

– Weiters ist im Gesetzesentwurf kein Ausgleich mehr zwischen den Kassen ersichtlich, was sich nachteilig auf alle Versicherten auswirken würde, weil das hohe Niveau der Krankenversorgung nicht mehr aufrechterhalten werden könnte.

– Die ersatzlose Streichung des „Ausgleichsfonds der Gebietskrankenkassen“ gefährdet zudem co-finanzierte Projekte wie Sucht- und Drogenambulanzen, sozialpsychiatrischen Dienst …

– Gemäß den Erläuterungen soll es zu einer Auflösung der Betriebskassen kommen, wodurch dem Kärntner Gesundheitsversorgungssystem ca. 3,5 Millionen Euro entzogen werden.

– Auch die Senkung des Beitrages zur gesetzlichen Unfallversicherung führt zu einer höheren Belastung der Länder.

– 14,7 Millionen Euro werden dem öffentlichen Gesundheitswesen entzogen und 1:1 zur Erhöhung der Mittel für Privatkliniken aufgewendet, also bezahlt von allen Krankenversicherten, obwohl in der Regel nur einkommensstarke Versicherte Privatspitäler aufsuchen.

– Die geplante Zusammenlegung der Verwaltungsgremien inklusive der neuen Aufteilung 50 % Dienstnehmer und 50% Dienstgeber erscheint verfassungsrechtlich bedenklich und wird den Einfluss der Wirtschaft massiv erhöhen. Das lässt Leistungseinschränkungen und Kostenerhöhungen befürchten.

– Durch das Weisungsrecht des neuen Verwaltungsrates können regionale Beschlüsse nicht nur beeinflusst sondern aufgehoben werden, was die regionale Versorgungsstruktur negativ verändern könnte – der Verwaltungsrat in Wien könnte dann über Notwendigkeit oder Unnotwendigkeit von Besetzungen von Kassenarztstellen in Bezirken/Gemeinden entscheiden, was eine ernsthafte Bedrohung für die ärztliche Versorgung des ländlichen Raumes darstellt.

– Es besteht keine Klarheit darüber, wie künftig Sondereinnahmen (z.B. Rezeptgebühr), die bis dato in den Landeskassen verblieben sind und laut Entwurf zentral in die ÖGK fließen sollen, verteilt werden. Durch den Wegfall dieser Mittel drohen ebenfalls Leistungskürzungen.

– Unklar ist auch die künftige Aufteilung des Pauschalbetrages für Leistungen der Krankenanstalten, wodurch Landes- und Gemeindebudgets zusätzlich belastet werden könnten und letztlich die Krankenanstaltenfinanzierung insgesamt gefährdet werden würde.